Unser Vorstand
Unser Vorstand
Der Vorstand wahrt und fördert die Interessen der Stiftung gemäß der Satzung. Er leitet und verantwortet sämtliche Geschäfte, entwickelt die strategische Ausrichtung, steuert die Arbeit der Stiftung und sorgt für eine transparente Darstellung zu Tätigkeit, Zielsetzung und Wirtschaftlichkeit. Diese stellt er der Öffentlichkeit mittels jährlichen Sach- und Finanzbericht zur Verfügung. Der Vorstand vertritt die Stiftung gerichtlich und außergerichtlich.
Der Vorstand ist hauptamtlich tätig. Vorstandsvorsitzender ist seit der Stiftungsgründung Michael Heinisch-Kirch. Informationen über den geschichtlichen Hintergrund der Stiftung und zur Vita des Vorstandes finden sich hier.
Es ist einer dieser schwülwarmen Sommertage in Berlin. Wir haben uns "Am Kuhgraben" getroffen, dem beliebten Ausbildungsrestaurant der Stiftung. Hier sind im Freien Tische und Stühle aufgestellt. So lässt es sich aushalten. Platz genommen hat das Leitungsteam Michael Heinisch-Kirch, Nina Kirch und Martina Kablitz. Drei Menschen, die für die Geschicke der Stiftung und so auch für ihre Zukunft verantwortlich sind.
Michael Heinisch-Kirch, Du hast vor 30 Jahren mit 20 jugendlichen Bauhelfern und einem Mitarbeiter begonnen. Heute sind es mehr als 500, täglich begegnen sich tausende Menschen. Gibt es eine Obergrenze?
Michael: Nein. Die Frage ist doch immer, werden wir gebraucht? Macht das Sinn, wozu wir Ideen haben? Und können wir das? Wenn ja, dann tun wir es. So haben wir das 30 Jahre gemacht und so wollen wir das auch in Zukunft halten. Kann natürlich genau so sein, wir werden irgendwann nicht mehr gebraucht. Dann halt nicht. Aber im Moment kann ich mir das angesichts der gesellschaftlichen Entwicklungen nicht vorstellen.
Nina Kirch, was heißt das für Dich, welche Zukunftsvorstellungen hast Du?
Nina: Themen, die weiter anstehen, sind Demokratiebildung und auch interkulturelle und interreligiöse Arbeit. Das Thema Bewahrung der Schöpfung wird ebenso bleiben.
Was ist zu tun?
Nina: Menschen konkret dabei zu begleiten, dass die Ausgestaltung dieser Themen an uns allen liegt, dass wir selber entscheiden müssen und können, ob wir uns neue Möbel kaufen oder gebrauchte. Ob wir fliegen müssen oder nicht. Ich würde mir wünschen, dass SozDia Impulse für das Nachdenken und das eigene Handeln gibt.
Martina Kablitz, Ihr habt in der Corona-Zeit alle Beschäftigten behalten und auch keinen auf Kurzarbeit gesetzt. Die Krise ist aber ja längst nicht vorbei. Lässt sich das denn alles finanzieren?
Martina: Bis hierher haben wir es aus eigener Kraft geschafft, denn die SozDia ist ja wirtschaftlich solide aufgestellt. Dadurch, dass wir in all den Jahren verantwortungsbewusst und nachhaltig gewirtschaftet haben, sind wir jetzt in der Situation, von den soliden Entscheidungen in der Vergangenheit zu profitieren. Wie sich die Situation in der aktuellen Corona Krise weiterentwickelt ist aber auch für uns nicht vorherzusehen.
Michael, welche neuen gesellschaftlichen Herausforderungen siehst Du?
Michael: Ich sehe einen weiteren Bereich, der mit dem Wohnen zusammenhängt. Wir sind ja soziale Wesen, darum macht Wohnen vor allem Sinn, wenn etwas miteinander passiert. Da wollen wir Projekte schaffen, wo wir das mit unterschiedlichen Menschen ausprobieren.
Kannst Du ein konkretes Beispiel nennen?
Michael: Neben der Erlöserkirche. Wir werden hier ein Haus schaffen, in dem die Bewohner unter einem Dach vernetzt sind: Senioren, Studenten, eine Jugendhilfeeinrichtung, ein Begegnungszentrum. Und normale Mietwohnungen, wo Menschen sagen, hier will ich mittun.
Martina, die beiden entwickeln Ideen für neue Bereiche. Siehst Du auch solche, wo die SozDia Federn lassen muss?
Martina: Nein, eigentlich nicht. Das ist ja das, warum ich bei der SozDia bin und das hier gern tue. Der Grundstein für das Arbeiten ist der gesellschaftliche Bedarf. Dann wird im zweiten Schritt gesagt, ok, was baucht es denn, um das zu erreichen? Das hat bisher funktioniert und nach diesem Prinzip werden wir auch in Zukunft Lösungen entwickeln.
Nina, 2015 kam der Flüchtlingsstrom. Du hast Dich engagiert. Wo siehst Du da Herausforderungen für die Zukunft?
Nina: Mir geht es immer um das miteinander leben. Das ist sehr kompliziert, weil wir alle so unterschiedlich sind. Wenn andere Religionen und Kulturen dazukommen, wird es noch komplizierter. Eine der spannendsten Fragen für mich ist, wie kann es gelingen, friedliches Zusammenleben auf Augenhöhe zu ermöglichen. Da gibt es in Zukunft auch bei der SozDia noch viel zu tun.
Inwiefern?
Nina: Wir müssen überlegen, wie es gelingt, dass wir Menschen anderer Kulturen in unsere Mitarbeiterschaft integrieren. Vielleicht müssen auchwir uns verändern, neue Sprachen lernen, uns interessieren für andere Kulturen? Ich vermute, 90 Prozent unserer Mitarbeiter*innen stammen von hier. Ich würde mir sehr wünschen, dass wir in den kommenden Jahren noch viel mehr diskutieren, wie SozDia auch in dieser Hinsicht vielfältiger wird.
Michael, welche Werte als Christ haben Dich durch diese ganze Zeit getragen und welche sind für Dich auch in Zukunft unentbehrlich?
Michael (zögert, lacht, dann aber): Es ist schon so etwas, wie das Wissen darum, dass wir unsere Erde nicht selbst geschaffen haben. Wir können sie zwar zerstören, aber um sie zu erhalten, brauchen wir schon ein bisschen Unterstützung. Deswegen muss man nicht immerzu von Jesus oder Gott sprechen. Aber das Wissen darum, dass wir nicht alles selber steuern können, das finde ich schon wichtig.
Welche Erfahrungen sind da für Dich wichtig?
Michael: Dass jeder Mensch eine in sich wohnende Würde hat. Die wird ihm nicht von Menschen verliehen. Das ist mir schon so ein Grundwert, von dem alles ausgeht. Dass etwas gelingt, wenn wir gemeinsam nach Lösungen suchen, darauf kommt es für mich an.
Martina, welche Werte tragen Dich?
Martina: Ich teile das Grundverständnis, dass jeder Mensch mit einer Würde ausgestattet ist, die unantastbar ist und Voraussetzung dafür, dass man sich auf Augenhöhe begegnen muss, wenn man etwas gemeinsam erreichen will. Davon bin ich überzeugt und das erlebe ich in meiner täglichen Arbeit.
In welchen Bereichen außerhalb von Berlin könntet Ihr Euch vorstellen, die Arbeit noch auszubauen?
Michael: Na immer da, wo wir gebraucht werden. Wenn ich nach Brandenburg schaue, sehe ich etliche Regionen, wo ich das Gefühl habe, hier könnten wir eine gute Idee haben. Es macht ja aber auch keinen Sinn, unsere Ideen anderen Menschen überzustülpen.
Was heißt das konkret?
Nina: Wir haben uns im Leitungsteam darauf verständigt, dass ich als alte Bayerin mich mal auf den Weg nach Brandenburg mache. Ich besuche dort Kirchengemeinden, aber auch Kulturschaffende. Gerade jüngst in Frankfurt/Oder. Wir sind noch am Suchen und werden, wenn es soweit ist, darüber berichten.
Welche Ziele habt Ihr in Berlin?
Michael: Die Stadt wächst jedes Jahr um knapp 50.000 Menschen. Wir wollen Angebote schaffen, damit das Zusammenleben klappen kann. Deswegen bauen wir unsere Strukturen so auf, dass wir in der Lage sind, innerhalb der nächsten fünf Jahre unser Volumen zu verdoppeln.
In welchen Bereichen?
Michael: Im Aufbau von guten Schulen. Wir haben in den Kitas Erfolge im Blick auf die Demokratiebildung von Kindern. Warum nicht auch im Schulbereich? Auch hier arbeiten wir wieder mit dem Ansatz, das gemeinsam mit Schülern und Eltern zu tun und einen Impuls für die Gesellschaft zu setzen.
"Ich habe einen Traum", hat Martin Luther-King einmal gesagt. Ohne Träume auch keine Zukunft. Was sind Deine Träume, Michael?
Michael: Mein Traum ist es schon, dass wir auch in fünf, zehn Jahren noch und an weiteren verschiedenen Orten in Berlin und Brandenburg Zellen haben, wo die SozDia tätig ist. Und Rahmenbedingungen zur Verfügung stellt, damit Menschen im wahrsten Sine des Wortes zusammenleben können. Und ich habe den Traum, dass es uns gelingt, an allen Stellen hierfür Mitarbeiter zu finden, die sich von dem Traum inspirieren lassen und einfach mitmachen. Das ist oft schwer, weil Menschen eine Herausforderung, die an sie herangetragen wird, nicht sofort sehen. Es geht um die Schwierigkeit zu erkennen, was der Mensch braucht - hier wird uns Zuhören sehr helfen.
Nina: Ich habe den Traum, dass wir in zehn Jahren hier wieder zusammen sitzen - genau in dieser Konstellation. Weil ich glaube, dass das, was wir bewirken wollen, wirklich nur funktioniert, wenn Menschen zusammenkommen, die sich gut verstehen, gut miteinander arbeiten können. Ich wache jeden Tag auf und bin dankbar, in diesem Leitungsteam so zusammenzuarbeiten. Die Fairness, Konflikte auszutragen, aber auch das Vertrauen, das sind für mich einzigartige Erfahrungen.
Martina: Mein Traum für die SozDia ist an die bewährte Kultur des Miteinanders anzuknüpfen und eben nicht auf Gewinnmaximierung schauen. Ich wünsche mir außerdem, dass wir das unternehmerische Denken und den Mut, Dinge einfach mal auszuprobieren auch in Zukunft behalten. Es ist mein Traum, dass wir das auch künftig in dieser Konstellation erleben.
Und was ist Euer Traum im Blick auf die Gesellschaft?
Martina: Dass es weniger Vorurteile und gesellschaftliche Abgrenzung gibt, dass die Menschen Andersdenkende mehr wahrnehmen und unterschiedliche Meinungen als Bereicherung empfunden werden.
Nina: Ich habe den Traum, dass die Idee von einem gemeinsamen Europa und einer Welt ohne Grenzen wieder salonfähig wird. Und dass wir als Gemeinschaft von Ländern uns mehr auf das Verbindende besinnen.
Michael: Ich träume davon, dass es in zehn Jahren gelungen ist, hierzulande und in Europa eine Willkommenskultur für Menschen zu schaffen, die woanders nicht mehr leben können.
// Interview von Bettina Röder